Haar und Psychologie
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Zur Wirkung des erblich bedingten Haarausfalls beim Mann (Androgenetische Alopezie) auf den Betrachter - Eine empirische Studie

© PD Dr. Ronald Henss

Im Folgenden werden Methoden und Ergebnisse einer Studie zum Thema "Haarausfall und Persönlichkeitsbeurteilung" dargestellt. Ein ausführlicher Forschungsbericht ist in Arbeit.

Methoden

Die Untersuchung basiert auf Portraitfotos von 59 Männern. Die Fotos entstammen einem Katalog einer deutschen Modelagentur. Da in der Werbeinbranche sehr unterschiedliche Typen gefragt sind, decken die Gesichter ein breites Spektrum ab (es handelt sich also keineswegs nur um besonders attraktive Personen). Der Alterbereich lag etwa zwischen Mitte zwanzig und Ende sechzig; und die Models wiesen unterschiedliche Grade des Haarausfalls auf.

Die Untersuchung wurde über das Internet durchgeführt, und zwar in einer deutsch- und in einer englischsprachigen Version. Den Teilnehmern wurde ein zufällig ausgewähltes Foto gezeigt, das sie im Hinblick auf 36 Persönlichkeitsmerkmale beurteilen sollten. Außerdem sollten sie das Alter, die Körpergröße und das Körpergewicht schätzen.

Insgesamt nahmen mehr als 1.800 Personen teil (etwa 30 Prozent männlich, 70 Prozent weiblich; 64 Prozent englische Version, 36 Prozent deutsche Version). Die Zahl der Urteiler pro Bild lag zwischen 29 und 36.

Es ist zu beachten, dass jede Person nur ein einziges Foto beurteilte und dass in dieser Untersuchung das Thema Haare oder Haarausfall mit keiner Silbe erwähnt wurde.

In einer weiteren Untersuchung beurteilten 21 Psychologiestudenten die 59 Fotos im Hinblick auf den Haarausfall. Dabei benutzten sie die etablierte Norwood-Skala, die sieben Grade der Androgenetischen Alopezie unterscheidet, die jeweils schematisch dargestellt sind.

Ergebnisse

Als Erstes wurden die Einschätzungen auf den 36 Persönlichkeitsmerkmalen einer Faktorenanalyse unterzogen und zu 8 Faktoren zusammengefasst, die wie folgt interpretiert wurden:

  • Stimmung/Familienorientierung (fröhlich, heiter, gut gelaunt, familienorientiert …)
  • Sexuelle Attraktivität (sexy, verführerisch, gutaussehend, erotisch …)
  • Beruf (angesehener Beruf, karriereorientiert, gebildet, Erfolg im Beruf …)
  • Emotionale Labilität (schüchtern, nervös, zurückgezogen, ängstlich …)
  • Männliches Aussehen (markantes Männergesicht, reifes Männergesicht, typisch männlich)
  • Gefährlichkeit (unberechenbar, aggressiv, angriffslustig, gefährlich …)
  • Zuverlässigkeit (ernst, aufrichtig, ehrlich)
  • Baby-Merkmale (Babyface, naiv)

Die Beurteilungen auf diesen Faktoren sowie die Schätzungen des Alters, der Körpergröße und des Gewichts wurden mit den Beurteilungen des Haarausfalls aus der zweiten Studie verglichen.

Dabei ergaben sich statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen dem Grad des Haarausfalls und

  • Alter (je weniger Haare, desto älter)
  • Sexuelle Attraktivität (je weniger Haare, desto weniger attraktiv)
  • Stimmung (je weniger Haare, desto besser gelaunt)
  • Körpergröße (mit vollerem Haar erscheinen Männer deutlich größer)

Da sich die Models nicht nur im Hinblick auf die Haarfülle voneinander unterscheiden, ist es wichtig, potenzielle Störfaktoren zu kontrollieren. Es wurden folgende Variablen berücksichtigt: geschätztes Alter, Lächeln, Brille und Bart. Nachdem der Einfluss dieser Variablen herausgerechnet wurde, ergaben sich folgende Resultate:

  • Der Grad des Haarausfalls hatte keinen Einfluss auf Stimmung/Familie (der oben genannte Effekt war auf das Lächeln zurückzuführen), Emotionale Labilität, Gefährlichkeit, Zuverlässigkeit, Baby-Merkmale, geschätztes Gewicht.
  • Der negative Einfluss auf die Sexuelle Attraktivität blieb erhalten. Das heißt: Der Verlust des Haupthaares verringert die sexuelle Attraktivität auch dann, wenn man die potenziellen Störvariablen berücksichtigt.
  • Interessanterweise zeigte sich nach Kontrolle der Störvariablen ein Einfluss des Haarausfalls auf die Faktoren Beruf und Männliches Aussehen: Mit zunehmendem Haarverlust erschienen die Männer weniger erfolgreich im Beruf und weniger maskulin.
  • Schließlich blieb nach Kontrolle der Störvariablen auch der Einfluss auf die geschätzte Körpergröße erhalten: Männer mit vollem Haar erscheinen wesentlich größer als ihre weniger behaarten Geschlechtsgenossen. Dabei ist zu bedenken, dass auf den Fotos lediglich das Gesicht, nicht aber der Körper zu sehen war. Dieses Ergebnis passt zu dem bekannten - aber wenig beachteten - Befund, dass die Körpergröße einer der wichtigsten Faktoren männlicher Attraktivität ist und dass attraktive Männer für größer gehalten werden als unattraktive Männer (Henss, 1993).

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